Grundvoraussetzungen für erfolgreiche Ideation- und Konzeptphasen

Grundvoraussetzungen für erfolgreiche Ideation- und Konzeptphasen

Innovation braucht viele Ideen. Wer noch relativ schwammige Brainstorming-Sessions mitmachen musste, freut sich heutzutage über ein weitaus ausgefeilteres Methodenset.

Zum Beispiel erlauben es ein Design Studio, in zwei bis drei Stunden nicht nur eine weit größere Anzahl von Ideen als in einer Brainstorming-Session zu explorieren, sondern auch aus der Menge der Ideen viel zielgerichteter die passenden auszuwählen, im Team kollaborativ weiterzuentwickeln und bereits in erste konkrete Prototypen zu überführen. Design Sprints gehen noch deutlich weiter und umfassen in nur drei bis fünf Tagen nicht nur ein Design Studio, sondern vorab auch die Exploration von konkreten Kundenbedürfnissen/-problemen und dem zugehörigen Kontext, um den Problem-/ Lösungsraum klarer zu definieren, sowie zum Abschluss mehrere Iterationen mit realen potentiellen Nutzern.

Trotz der bewährten Methoden sind viele Teams, die solche Ideation- und Konzeptphasen durchlaufen, nach einer anfänglichen Euphorie-Welle von den späteren konkreten Ergebnissen enttäuscht. Die folgenden drei Punkte helfen, das bestmögliche aus Ideation und Design Sprints herauszuholen:

Auftrag klären

Die Investition in Form von Personentagen für kollaborative Ideation- und Konzeptphasen sind im Vergleich zu konventioneller Konzeptarbeit, die der zuständige Produktmanager meist alleinverantwortlich erledigt, ungewohnt hoch (lohnen sich aber – siehe auch „Agile Kostenrechnung“). Entsprechend selten werden sie durchgeführt und entsprechend hoch sind oft auch die Erwartungshaltungen, was schnell dazu führen kann, möglichst viele und/oder sehr breite, unspezifische Problemstellungen gleichzeitig lösen zu wollen.

Ohne klaren Fokus aber fällt es schwer, der Ideation Richtung zu geben. Aus Angst, die beste Lösung zu verpassen, werden zu viele diskutiert, die ja alle irgendwie in den Problemraum passen. So wird eher an der Oberfläche gekratzt, als sich Schritt für Schritt und kollaborativ einem wirklichen Quantensprung zu nähern.

Gerade in ungeübten Teams helfen fokussierte Aufträge, schneller zu nachhaltigen Lösungen zu kommen. Sie fördern zielgerichtete, kollaborative Weiterentwicklungen, weil jeder versteht, was erreicht werden soll. Dazu gehören insbesondere quantitative Ziele und unterstellte Kausalitäten, um die Selektion von Ideen zu erleichtern und die an das Projekt angelegten Erwartungen umsetzen zu können. Als Faustregel gilt: Je innovativer der Anspruch an die Konzeptphase ist, desto härter sind die Rahmenbedingungen zu setzen. Das Ziel, einen Flow radikal von 10 Klicks auf einen Klick zu reduzieren, wird andere Konzepte hervorbringen als der schwammige Auftrag, den „Flow zu vereinfachen“.

Für die Beschreibung von klaren Aufträgen sind verschiedene Formate möglich, hier zwei Beispiele:

Schlechter

Besser
„Wie können wir die Kundenzufriedenheit erhöhen?“ „Wir können wir die Kundenzufriedenheit gemessen in KPI A bis Datum B um 100% erhöhen, um Outcome C zu erreichen?“
„Wie können wir die User-Experience vereinfachen?“ „Wie können wir es schaffen, dass der Nutzer die User-Story X statt heute mit 10 Klicks nur noch mit einem Klick erledigen kann, um sein zentrales Bedürfnis Y zu befriedigen und Outcome Z zu erreichen?“

 

Voreingenommenheit transparent machen

Jedes Projekt, das eine Ideation- und Konzeptphase durchläuft, hat eine Historie. Dadurch ist unweigerlich eine Voreingenommenheit da, was die Ideenfindung im Team von vornherein beschränkt. Schnell ist die Problemstellung zurechtgebogen, so dass die Idee (im Zweifel die des ranghöchsten oder durchsetzungsstärksten Teilnehmers) doch irgendwie passt und am Ende der Gewinner ist.

Ein vorab formulierter Auftrag mit klaren Bewertungskriterien hilft, offen in die Konzeptphase zu gehen und ein Reverse-Engineering zu vermeiden. Darüber hinaus ist es sinnvoll, die bereits bestehenden favorisierten Ideen bewusst vorab transparent zu machen und zumindest für die ersten Runden explizit aus der Ideation auszuschließen.

Zeit für Iterationen lassen

Auch die Ergebnisse einer perfekten Ideation- und Konzeptphase sind notwendigerweise noch sehr roh. Selbst wenn erste Punkte während der Workshops bereits validiert werden konnten, steckt die Produktidee bzw. das Business-Modell dahinter noch voller mehr oder weniger kritischer Annahmen.

Zwischen Ideation- und Konzeptphase und der konkreten Umsetzung und späteren Skalierung steckt deshalb noch jede Menge Arbeit mit vielen Iterationen. Dabei gilt: Je komplexer und innovativer das Konzept ist, desto mehr Zeit muss investiert werden.

Wenn diese Zeit nicht bewusst eingeplant wird, sinken die Erfolgswahrscheinlichkeiten für das Konzept rapide. Ohne ein ausreichend ausgestattetes Team, das für sich in der Lage ist, die Idee schnell weiterzuentwickeln, stirbt das Konzept einen langsamen Tod aus unerfüllten Erwartungen oder es wird aus Ungeduld voreilig umgesetzt. Auf beiden Wegen wird die wertvolle Arbeit einer Ideation- und Konzeptphase schnell vernichtet.

 

Foto von Drew Bates auf flickr unter CC Lizenz