Business Development – Die dunkle Seite der Macht

Business Development – Die dunkle Seite der Macht

Business Development ist ein schwammiger Begriff mit vielen Definitionen und Rollen in Unternehmen. In der Praxis lassen sich aber hauptsächlich die folgenden zwei Tätigkeitsbeschreibungen beobachten:

  • Akquise großer, strategischer Kunden
  • Entwicklung von Strategien und Initiativen, die das Unternehmen durch vertikale oder horizontale Differenzierung wachsen lassen sollen

Die erste Rolle, die Akquise, ist eine wichtige Aufgabe in Unternehmen. Mir ist nur nicht verständlich, warum es dann aber gleich „Business Development“ heißen muss und nicht schlicht „Vertrieb“. Als ob die Akquise großer Kunden sonst nicht funktionieren würde.

Während die erste Beschreibung also eher ein Ego-Ding und damit menschlich ist, ist die zweite Rolle eine Ausgeburt der dunklen Seite der Macht.

Business Development durch Differenzierung wird immer dann geschaffen, wenn erkennbar wird, dass man mit den aktuellen Ansätzen und der bestehenden Organisation nicht mehr weiter kommt. Das Unternehmen ist eigentlich sehr erfolgreich, aber es ist seit längerem nichts mehr wirklich passiert – aus Kundensicht schon mal gar nicht. Man kommt nicht mehr recht vom Fleck. Der Vertrieb wird ungeduldig, die Finanzer werden sehr ungeduldig. Alle fragen sich, wo denn bloß das Wachstum herkommen soll, das im 3-5 Jahresplan festgeschrieben ist. Überall herrscht Betriebsamkeit, die Leute sind beschäftigt. Aber verdammt, wo bleibt nur das nächste große Ding? Wenn das Wachstum nicht aus den bestehenden Abteilungen kommen kann, dann muss es jetzt eben der Business Developer richten.

Schauen wir uns mal an, wie das Business Development typischerweise aufgesetzt wird: Der Business Developer …

  • ist ein „High Potential“ direkt von der Uni oder aus der Unternehmensberatung.
  • ist organisatorisch als Stabsstelle direkt an der Geschäftsführung oder ähnlich hoch aufgehängt.
  • bekommt die Ideen für das Wachstum direkt von der Geschäftsführung und/oder sammelt alle vorhandenen Ideen aus den jeweiligen Abteilungen auf.
  • bewertet die Ideen (ggf. unter Einbeziehungen der jeweiligen Abteilungen) und bereitet daraus Entscheidungsvorlagen vor.
  • übergibt die ausgewählten Ideen an die Fachabteilungen zur Umsetzung.

Mit anderen Worten: Der Business Developer ist in der Regel jemand, der ohne direkten Kundenkontakt und mit viel Power-Point das vorhandene Wissen der Organisation prozessiert und dann an die Organisation zurückgibt. Er verwaltet das vorhandene Wissen, um das neue Ding hinzubekommen.

Spätestens hier kommt man ins Grübeln. Der Grund, die Stelle des Business Developers zu schaffen, ist ein strukturelles, unternehmensweites Problem: Die Organisation funktioniert operativ, schafft es als Ganzes aber nicht, die Wachstumserwartungen zu erfüllen. Und dann soll ein Durchlauferhitzer für vorhandene Ideen die Situation retten, jemand der Entscheidungsvorlagen wälzt, um sie dann, wenn es auf die Umsetzung ankommt, wieder genau auf die Teams loszulassen, welche die Situation vorher nicht gelöst bekommen haben? Das wird nicht funktionieren, das schafft nur zusätzlichen Druck auf die Organisation, die im Ergebnis vor der Aufgabe erstarrt und in einer Negativspirale versinkt.

In diesen Situationen muss nicht das „Business developed“ werden, sondern etwas fundamental anderes: Die verantwortlichen Teams müssen in die Lage versetzt werden, neben der Aufrechterhaltung des normalen operativen Geschäfts auch Innovationen zu schaffen. Es muss etwas erlernt werden, dass Steve Blank und Bob Dorf in ihrem Buch „The Startup Owner’s ManualCustomer Development nennen: Ein strukturierter Ansatz, um kundenzentriert neue Geschäftsmodelle aufdecken zu können.

Es lohnt sich, diese Fähigkeiten tief im Unternehmen zu verankern, denn Innovation funktioniert nur durch kontinuierliche Bemühungen, siehe hierzu auch überproduct’s Blog-Post „Unaufhörlich, anders macht Innovation keinen Sinn“ gezeigt haben.

Foto von CJ Isherwood auf flickr unter CC Lizenz